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Dkfm. Hellfried Böhmgestorben am 24. Oktober 2017

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Lieber Papa,

ich bin über die gelungene Feier froh. Sie war ganz in deinem Sinne. Die Musik, die dir zu Lebzeiten gefallen hat, war aus allen verschiedenen Richtungen. Die Fotos brachten nicht nur dein Leben im Kurzraffer sondern verdeutlichten auch den Stellenwert der Fotografie in deinem Leben.

Die Familie und Freunde, die dir ebenfalls wichtig waren, waren präsent und gedachten deiner. Das Zusammentreffen im Anschluss verlief ruhig in Erinnerung deiner und war für mich sehr tröstlich. Nach Hause zurückgekommen schoss mir der Gedanke durch den Kopf dich anzurufen und dir darüber zu erzählen. Absurd. Immer wieder will ich dich anrufen und plaudern, wie wir es fast täglich taten, und erkenne, dass ich das nicht mehr kann. Bei dem Gedanken dich in diesem Leben nicht mehr sehen zu können schnürt sich mir der Magen zusammen, das Herz wird schwer.

Und ich werde mich täglich an dich erinnern. Jedes Mal wenn ich mich in den Spiegel sehe, werde ich dich erkennen. Zu groß sind die Ähnlichkeiten. Die Gene dürften in unserer Familie stark sein. Wenn ich Elias sehe, sehe ich mich als Kind. Wenn ich ein Foto deines Vaters als Kind sehe, sehe ich mich als Kind. Wenn ich dich in jungen Jahren sehe, sehe ich mich in eben diesem Alter.

Immer wieder gehen mir Erinnerungen durch den Kopf. In Mexiko an sonnigen Nachmittagen wenn ich bei den Hausaufgaben aus dem Fenster schaute, sah ich dich auf einem Gartenstuhl sitzend. Du hast dich sehr gerne an der Sonne erwärmt und ein Buch gelesen. Wenn der ganze Garten im Schatten lag und es ein Fleckchen Sonne gab, dann warst du dort. Ich musste damals darüber schmunzeln und den Kopf schütteln. Heute sitze ich in meiner Loggia und genieße die Sonne. Selbst im Winter jage ich ihr nach, dick angezogen, nur um ein paar Strahlen abzubekommen.

In Ägypten wolltest du jeden Stein umdrehen, jede Säule fotografieren und alle landschaftlichen Eindrücke mit deiner Videokamera einfangen. Die Ausrüstung war umfangreich und schwer. Aber mittlerweile war ich groß genug. Und so zogen wir durch die Wüste, du voraus ich hinterher stapfend. Du hattest den Fotoapparat um den Hals und an beiden Seiten die Videokamera. Ich hatte deine Objektivtasche umgehängt und das Stativ auf der Schulter. So zogen wir durch die sandigen Ebenen und besuchten im Schweiße unseres Angesichts die kulturelle Vergangenheit des Pharaonenreiches. Die Hitze und die sengende Sonne waren unsere ständigen Begleiter. Innerlich fluchte ich und sagte mir in Gedanken: ‘wenn ich groß bin werde ich so etwas nie machen‘. Heute als Taucher gehe ich mit Video-, Fotoapparat und 100kg an Ausrüstung auf 60 Meter Tiefe.

Du wirst mir sicherlich fehlen. Du wirst uns allen fehlen, auch den Kindern. Als wir alle am Sonntag vor deinem Tode bei dir waren, hat Elias prompt die Gürtelrose bekommen. Zu schwer wog die Sorge um dich. Doch die Kinder wollten dich unbedingt wiedersehen. Nachdem am Montag der Arzt grünes Licht in Bezug auf die Ansteckungsgefahr gab, waren wir am Dienstag wieder auf dem Weg zu dir. Du wolltest mein Imagevideo sehen, das ich am Tag zuvor fertiggestellt und ins Netz gestellt hatte. Doch ein paar Stationen bevor wir ankamen, warst du von uns gegangen. Hier ist das Video, Papa: https://www.youtube.com/watch?v=bG5eqTzs2D4

Zum Glück ist es dir erspart geblieben einen Sohn zu verlieren. Und mir ist es erspart geblieben vor dem Erwachsenwerden einen Vater zu verlieren. Insofern, auch wenn ich mir noch ein paar Jahre gewünscht hätte, können wir nicht lamentieren. Das ist der Lauf der Dinge. Wenn meine Zeit gekommen ist, wünsche ich mir jedenfalls, dass du auf mich wartest und mich in das Leben nach dem Tod einführst, so wie du mich in das hiesige Leben eingeführt und unterstützt hast.
Ich danke dir für alles,
Dein Georg