Liebe Marie-Theres,
Vor einigen Wochen erreichte mich die Nachricht von Deinem Tod. Ich finde erst jetzt ein paar sicherlich völlig unzureichende Worte der Erinnerung.
Wir haben uns während Deiner Zeit in München kennengelernt, auf einer Geburtstagsparty eines gemeinsamen Freundes. Es war Anfang der 1990er Jahre und wir waren in unseren 20ern. Es war eine richtig lustige Party, an die ich – gerade jetzt – mit einem Lächeln im Herzen zurückblicke. Du warst dort umschwärmt von jungen Studenten, sie lagen dir teilweise wortwörtlich zu Füßen. Du hast sie alle auf, wie ich damals schon fand, lustige Weise abblitzen lassen, je aufdringlicher sie waren, desto lustiger und schnippischer waren deine Antworten. Ich habe mich vor Lachen geschüttelt.
Aber ich durfte tatsächlich mit deiner Telefonnummer auf einer Serviette nach Hause gehen, vielleicht weil ich mit dir gelacht habe und am wenigsten aufdringlich war... Darauf bin ich sogar heute noch ein bisschen stolz. Ich habe dann Konzerte des Bach-Chors besucht, in dem du gesungen hast. Ich erinnere mich an die Carmina Burana im Gasteig, eine wunderbare Aufführung.
Eines Tages erzähltest Du, dass du eventuell nach China gehen möchtest. Obwohl ich ein bisschen traurig war, dass Du München nach Beijing verlassen würdest, habe ich dir damals ganz intensiv dazu geraten. Das warst einfach Du, du musstest nach China, soviel war klar.
Im Oktober 1993 habe ich dich dann auf meiner Reise durch China kurz in Beijing besucht. Einige Jahre später kam ich dann in Marburg vorbei, wo zu dieser Zeit deine lieben Eltern Birgit und Heinz lebten. Auch an diese Begegnung erinnere ich mich mit einem warmen Gefühl im Herzen. Ich wollte euch mit meiner damaligen Freundin Su Ling besuchen, die ich auf meiner China Reise 1993 kennengelernt hatte, und die mittlerweile in Heidelberg Deutsch studierte. Leider konnte sie mich dann doch nicht begleiten. Es war eine schwierige Zeit für mich, und Deine Eltern haben mich sehr warmherzig aufgenommen. Ich erinnere mich an klassische Musik überall im Haus, es war wunderbar.
Als Du wieder zurück in Wien warst und eine Familie gegründet hattest, haben wir und ein paar Mal geschrieben. Du hast mir stolz Bilder von Carmen und Diana geschickt. Ich erinnere mich an ein Bild von Carmen als Krabbelkind mit oranger Karottenbreinase, wie sie rückwärts unter eine Kommode gekrabbelt war und nicht mehr herauskam, weil sie noch nicht vorwärts krabbeln konnte. Wir wollten uns unbedingt mal unsere Familien vorstellen. Ich hatte inzwischen auch zwei Kinder, Anthea und Vincent. Du kamst dann mal zum München Marathon, aber dein Terminplan war so voll, dass wir uns nicht treffen konnten. Danach haben wir uns aus den Augen verloren; meine Frau blieb aber eine Facebook-Bekannte von dir.
Nun hätte mich mein Beruf seit langem wieder nach Wien geführt, also dachte ich, warum trifft Du dich nicht mal mit Memschi, es ist sooo lange her. Deine letzte mir bekannte Arbeitsstelle war bei eurocom, und so bemühte ich Google. Dann der Schock, als ich stattdessen auf die Traueranzeige für Dich stieß.
Was ist nur passiert?
Man erliegt als Mensch so leicht dem Irrtum, man hätte alle Zeit der Welt, und dann hat man sie doch nicht mehr. Ich weiß, dass Du auf Deine Kinder sehr stolz warst, bestimmt zurecht. In ihnen lebst Du fort, wie auch in den Herzen der Menschen, die dich kennenlernen durften.
Deinen lieben Eltern Birgit und Heinz wünsche ich alles erdenklich Gute, sowie auch deinen Töchtern Carmen und Diana und deinen Schwestern Katharina und Johanna. Ihr hattet eine tolle Tochter, eine tolle Mutter, und eine tolle Schwester. Irgendwie ist sie immer noch da.
我们想你 !