
Gottfried
schrieb am 8. Juni 2023 um 10.48 Uhr
Liebe Mama,
Natürlich tut es sehr weh, dass du von uns in eine andere Welt gegangen bist und der Zeitpunkt deines Abschiedes hat mich sehr überrascht. Aber ich denke, es war für Dich der richtige Zeitpunkt. Und so wie Du das wolltest. Zuhause - und keinen einzigen Tag bettlägrig. Bis zum Schluss für dein hohes Alter geistig wie körperlich noch recht fit.
Du hast auch dein ganzes Leben gewusst, was du wolltest.
Du hattest wahrlich kein einfaches Leben. Krieg und Entbehrungen, wie wir uns das heute kaum vorstellen können. Aber deine Elternliebe, die du selbst erfahren durftest, und die Vertrautheit mit deinen Schwestern haben dich so stark gemacht, dass du alle Schwierigkeiten im Leben meistern konntest.
Weit weg von deiner Heimat und der geliebten Mutter hast du in Wien fünf Kindern das Leben geschenkt und sie stets mit viel Liebe und Fürsorglichkeit großgezogen. Vor allem uns Zwillinge hast du uns von klein an auch viel Freiheiten gewährt und uns so zu eigenständigen, kritischen und freiheitsliebenden Menschen werden lassen. Auch wenn ich nicht immer deinen Wünschen und Vorstellungen entsprochen habe, so hast du mir zwar zu verstehen gegeben, dass du nicht einverstanden bist, mir aber trotzdem immer Rückhalt gegeben. Und dafür bin ich dir unendlich dankbar.
Ich hoffe, dass ich dieser Rückhalt für unseren Sohn war und bin. Und so wird dein Geist, deine Liebe noch lange bei uns sein und immer wieder weitergegeben werden.
In ewiger Liebe
dein „Jüngster“ Gottfried

Christian
schrieb am 8. Juni 2023 um 9.56 Uhr
Biographie Rosa Flicker – 11.8.1926 bis 20.5.2023
LAND und HOF
Rosa wurde als eines von 8 Kindern (von welchen drei schon im Kindesalter verstarben) in Eschenau im Waldviertel geboren. Ihre Eltern Johann und Maria Kerschbaum waren einfache Bauern.
Besonders gut verstand sich Rosa mit ihren Schwestern Maria, Hedwig und Grete. Mit ihnen hatte sie das ganze Leben lang guten, intensiven Kontakt.
Nach dem Krieg – mit ca.20 Jahren lernte sie ihren späteren Ehemann Johann Flicker (1923 – 2013) kennen.
Dieser entschied sich aus beruflichen Gründen nach Wien zu übersiedeln. Rosa folgte ihm 1951, nachdem sie in Vitis geheiratet hatten, schweren Herzens in die Großstadt Wien. Anfangs mieteten sie eine kleine Wohnung – doch schon bald entschieden sie aber, gemeinsam in Hütteldorf – also quasi ‚am Land‘ ein Haus zu bauen. Dieses blieb bis zu Rosas Tod der örtliche Mittelpunkt ihres Lebens.
HAUS und KINDER
Rosas größter Berufswunsch war es, Kindergärtnerin zu werden. Es war ihr allerdings nicht möglich, dies zu verwirklichen. Daher stellte sie sich vor, selbst mindestens 12 Kinder zu bekommen. Ganz hat sie das nicht geschafft, aber sie ist praktisch bis zur Hälfte gekommen: 5 eigene – Margarita, Elisabeth, Gabriele und die Zwillinge Christian und Gottfried kamen zwischen 1952 und 1960 zur Welt – und das Pflegekind Uta kam später dazu und blieb zirka 10 Jahre lang Teil der Familie.
6 Enkelkinder und 4 Urenkelkinder ergänzten die Großfamilie auf die sie ebenfalls sehr stolz war.
Auch das ‚Hütteldorfer Haus‘ entwickelte sich – es wurde nach und nach in mühevoller Handwerksarbeit ausgebaut. Als dann die Kinder heranwuchsen und wegzogen, wurde das Haus immer mehr zur ‚Pension Rosa‘ – wo sie bis zuletzt Gäste aufnahm und versorgte.
LEIDENSCHAFTEN und HOBBIES
Freizeit im herkömmlichen Sinn kannte Rosa nicht – sie ist auch nie in ihrem Leben im Urlaub gewesen. Bloß einmal war sie mit einer Busreise in Rom.
Wenn sie nicht gerade im Haus beschäftigt war, verbrachte sie die Zeit gerne im Garten, wo es immer Arbeit gab. Ribisel ernten, Gemüse anbauen und pflegen, Blumen einsetzen, Marmelade einkochen, Obst entsaften … – das hielt sie den ganzen Tag auf Trab.
Im Winter wurde gestickt und ihre geliebten Fotos in Alben eingeklebt.
FAMILIE
Als die Kinder größer wurden und eigene Familien gründeten, blieb Rosas Haus in Hütteldorf immer Treffpunkt für alle. Zu Weihnachten, zu Ostern, an Muttertagen, bei Geburts- und anderen Feiertagen kam die ganze Großfamilie bei reichlichem und gutem Essen zusammen und es gab immer viel zu erzählen. Auch der Kontakt zu den ‚Waldviertlern‘ blieb immer erhalten – die letzte sehr große Feier gab es zum 95er von Rosa mit über 70 Gästen – traditionell im Gasthaus Ochsenkopf.
Verstorben ist Rosa Flicker im 97 Lebensjahr am 20.Mai 2023.